Manakaamana – wo alle Wünsche erfüllt werden

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Hoch oben liegt MANAKAAMANA- Sehnsuchtsziel aller Nepalesen.
Jeder Nepalese hofft, einmal in seinem Leben hierher zu kommen oder ist schon einmal hier gewesen, – seit 1998 vermutlich bequem per Seilbahn, mit Ziege ( Seilbahnticket 140 Rupien) und/ oder Huhn. ( Nepals bisher einzige Seilbahn wurde übrigens von der österr. Firma Doppelmayr erbaut.) Bis dahin mussten sich die frommen Gläubigen 5 Stunden steil aus dem Flusstal bergauf schleppen.
Mein Führer und ich haben nach 6 Stunden Wanderung von Gorkha kommend endlich den Wallfahrtsort erreicht. Dhal Bhaat und er: Bier, ich: Cola, verhilft uns wieder zu Kräften. Kailah-Dhai verabschiedet sich, ich suche mir ein anderes Hotel, nachdem ich mein reserviertes schaudernd besichtigt habe.
Dann verbringe ich den gesamten Nachmittag und Abend um/beim/neben/vor dem “wunscherfüllenden Tempel”. Ich schaue fasziniert den ihre “puja” verrichtenden Pilgern, den sich fotografierenden Großfamilien, den Sadhus, den verliebten Pärchen, den Bettlern, den Händlern, den herumtollenden Kindern, den Ziegen, den Hühnern, den Priestern – dem bunten Treiben auf diesem Platz zu. Es ist hier im Schatten des riesigen, alten Magnolienbaumes auch angenehm kühl und ich fühle mich jetzt nach der Strapaz des heutigen Tages sehr wohl.
Als es finster wird, ertönen die tiefen Trompeten der Priester und rufen die Frommen zur Andacht. Glocken werden geläutet -“Götter hört, ich bin da!”-, Öllämpchen rings um den Tempel gefüllt und angezündet. Ich bin dankbar, dass ich all das erleben darf.
Zum Nachtmahl kehre ich in ein kleines, gut besuchtes Lokal ein. Ich bin- wie übrigens im ganzen Ort- der einzige westliche Tourist. Schnell ist das Eis gebrochen, als ich meine Augengläser ohne Bügel (bin gestern draufgestiegen) herausziehe, um die Speisekarte zu studieren. Alle schmunzeln,- ich demonstriere meine gestrige Ungeschicklichkeit, – wir unterhalten uns köstlich. Von den verschiedenen Tischen fliegen Fragen zu mir herüber – es entsteht eine freundliche, vertraute Atmosphäre. Aber sie geben auch bereitwillig Auskunft: Vater, Mutter und 17-jähriger Sohn kommen gerade von Muktinath. Sie waren so wie ich mit dem Lokalbus unterwegs, als die Fahrer auf halber Strecke 5 Tage lang streikten. Mit Sack und Pack pilgerten sie die gut 1600 Höhenmeter hinauf und wieder herunter. Das sind Wallfahrer !
Der Vater ist auf Heimaturlaub: arbeitet in Mailand und kommt alle 2 Jahre nach Hause.
Sie lassen mich von ihren Speisen, die mir fremd sind, kosten. Sie wundern sich, dass ich ohne männliche Begleitung unterwegs bin , und sie freuen sich, als ich ihnen Fotos von meiner Familie auf dem Handy zeige.
Nein, einsam fühle ich mich eigentlich nie.
Die 3 Ziegen, die vor meinem Hotel angebunden waren, sind am nächsten Morgen nicht mehr da. Die Tieropfer finden am Vormittag statt. Geschlachtet werden sie von ihren Besitzern ins Tal gebracht oder gleich vor Ort an einem Picknickplatz gegrillt.
Ich bummle noch ein wenig herum, um dann ebenfalls gemütlich mit der Seilbahn ins Tal zu fahren.
Mein nächstes Reiseziel ist Bandipur, das ich mit Mikrobus und Lokalbus gut erreiche.

Zu spät – zu heiß – zu wenig Wasser !! Unterwegs auf dem alten Trägerpfad ..

…. von GORKHA nach MANAKAAMANA.
Um 7 Uhr gibt`s Frühstück in meinem kleinen Hotel. Ich sitze auf der Terrasse und beobachte, wie ein kleiner Mann mit Rucksack auf und ab, hin und her geht. Ich habe für 8 Uhr einen Guide bestellt – Kailah Dhai kam wohlweislich früher. Er weiß warum.
Wir brechen um 8 Uhr auf. Ein herrlicher Morgen, wolkenlos, wohl aber dunstig; – die Himalayaberge sind ab April nicht mehr zu sehen.
Die Wanderung führt durch kühlen Laubwald hinab in eine kleine Schlucht, über eine Brücke und von nun ab stetig, erbarmungslos bergauf. Um halb 10 Uhr vormittags rinnt uns beiden bereits der Schweiß in die Augen, obwohl wir uns noch immer meistens im Waldschatten befinden. Wir rasten auf einer Anhöhe mit wunderschöner Sicht auf die Dörfer und die terrassierten Felder. Buben mit Ziegenherden kommen vorbei. Dhai/älterer Bruder- zeigt zu einem entfernten Berggipfel: “Hill Pass”. Dort müssen wir hin?
Mit einiger Sorge bemerke ich, dass mein Trinkvorrat nur aus einem halben Liter Wasser bestanden hat und Kailah Dhai mich zwar zu Beginn informierte, dass wir unterwegs kein Wasser kaufen können, ich das aber nicht ernst genommen habe.
Allmählich hört der Wald auf, wir wandern durch Orangenhaine bergan. Noch bin ich bei Kräften und guten Mutes.
Dann ist es 12 Uhr mittags, die Sonne brennt herab; der “Hill Pass” noch weit oben.
Mein Führer trinkt aus seiner bei zwei Brunnen unterwegs 2 mal angefüllten Flasche. Ich lehne dankend ab – lieber etwas durstig sein als Durchfall haben!
4 Stunden Gehzeit stand in meinem Buch: warum ist der Hill Pass noch so weit? Wir wechseln von steilen Abschneidern zu der staubigen, auch steilen Landstraße. Am Wegrand wachsen Himbeerhecken: die kleinen, zuckersüßen, orangenen Himbeeren verschaffen mir etwas Erleichterung.
Endlich erreichen wir den Pass. In der Ferne : Manakaamana ! Weit weg!
Kailah Dhai trägt schon seit einiger Zeit meinen Rucksack: ich werde ja in Manakaamana übernachten ( wenn ich es bis dorthin schaffe!).
Dann kommt ein Zeitpunkt, wo ich glaube, es geht nicht mehr. 30 mühsame Schritte – Pause. Ich schwitze auch gar nicht mehr – so ausgetrocknet bin ich schon!
Dhai muntert mich auf: ” Didi, I`m a small man, but I am strong. I can carry you!” Im Ernst?
Ich überlege Überlebensstrategien: ich könnte das Hotel in Manakaamana anrufen – ob die ein Motorrad schicken würden ? Aber entsetzt stelle ich fest, dass ich kaum mehr sprechen kann.
“Didi, only 15 minutes, then pani (= Wasser)”, fleht mich Dhai an.
Okay, ich werde es schaffen! Nur ja nicht aufgeben.
Wir erreichen eine Bergkuppe, dahinter ein kleiner Lebensmittelstand an einer Wegkreuzung. Ein paradiesischer Anblick, die Plastikwasserflaschen!
Langsam trinke ich den ganzen Liter aus, liege auf einer Strohmatte und atme tief durch. Das war knapp an einem Kreislaufkollaps vorbei.
Auch Dhai ist happy. Gemütlich wandern wir das letzte Wegstück zur Ortschaft. Ich überlasse Dhai die Wahl unseres Daal Bhaat -Restaurants. Natürlich lade ich ihn aufs Essen ein, spendiere ihm ein Bier und als ich ihm den doppelten Preis des vereinbarten Führerentgeltes gebe (€ 21), verspricht er, meiner ewig zu gedenken und für mich zu beten. – Kann nicht schaden.
Kailah fährt mit der Seilbahn hinunter, ich aber besichtige mein Nachtquartier.
Fazit: eine wunderschöne Tour in umgekehrter Richtung. Oder: im Mai spätestens um 6 Uhr von Gorkha loswandern und 2 Liter Wasser mitnehmen.

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Auf nach Gorkha !

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“Auf nach Kathmandu !” hat Prithvi Narayan wohl seinen kriegerischen Soldaten zugerufen, als er 1743 von Gorkha auszog, um Nepal zu erobern.

Entlang der verkehrsreichen Ringroad gehe ich von Bus zu Bus. “Gorkhama jaane?” Alle Kleinbusse sind – es ist 7h morgens- bereits weg. Ein Busboy schleppt mich zu einem besonders klapprig aussehenden, alten Bus. Er ist vollbesetzt, auch im Mittelgang sitzen bereits Leute auf kleinen Hockern und einem Kasten. Soll ich etwa die 4 -5 Stunden bis Gorkha stehen?
Da erspähe ich in der letzten Reihe noch einen Platz. Ich klettere über Hocker, Menschen und Kasten nach hinten. Noch einmal Glück gehabt!
Links neben mir sitzt eine junge Frau zwischen Vater und Mutter. Wir haben Kathmandu noch nicht verlassen, da erbricht sie sich bereits in ein Plastiksackerl. Eine halbe Stunde später beugt sich die Mutter zum Fenster hinaus. Der Vater stöhnt laut in sein vorgehaltenes Taschentuch. Der Mann zu meiner rechten hat Gott sei Dank genauso starke Magennerven wie ich.
Unser Busfahrer ist aber auch wirklich der wahnwitzigen – draufgängerisch und waghalsig wäre beschönigend – Sorte zuzurechnen. Jedes Fahrzeug muss überholt werden, egal ob uneinsichtige Kurve oder näherkommender Gegenverkehr. Und rechts der Abgrund. Ich bete.
Der Busboy teilt laufend Speibsackerln aus, schadenfroh grinsend. Ich blicke angestrengt gerade aus – mein kleines Frühstück hält.
Wir erreichen Gorkha in absoluter Bestzeit. Mein Hotel ist anheimelnd, newarischer Stil, hübscher Garten.
Ich mache mich auf den Weg zum Gorkha Durbar, der hoch über dem Ort thronenden Festung. Die 250 Höhenmeter lassen sich ganz schön steigen!, aber die Ausblicke – und die Andenkenstandln- belohnen.
Hier wohnten Könige und wohnen Götter: fasziniert sehe ich den Gläubigen zu, die opfern und beten.
Ein diensthabender Soldat spricht mich an – er will sein Englisch aufbessern. Dafür lässt er mich kurz den Palast betreten. Dann reicht er mir etwas von seinem Brot und ein steinhartes Gebäck. Ich danke und lasse das Weckerl – weil nicht zu “derbeißen!”- unauffällig in meiner Hosentasche verschwinden.
Gemeinsam steigen wir zum Hanuman-Pass hinauf, wo Hanuman, der Affengott, in einer hübschen Statue verehrt wird. Dann wandern wir weiter zu den versteinerten “Fußabdrücken”, die von Hindus und Buddhisten verschiedenen Heiligen zugesprochen werden.
Auf dem Rückweg fordert mich ein Sadhu auf, mich zu ihm zu setzen. Der heilige Mann kann ein bisschen Englisch, ich ein bisschen Nepali – die Unterhaltung läuft. Auch er teilt seine Weckerln – dieselbe steinharte Sorte! – mit mir. Ich lehne dankend und beschämt mit dem Hinweis auf meine Zähne ab. Er hingegen beißt doch tatsächlich ab und kaut vergnügt daran herum !!!
Der untere Palast, der Tallo Durbar, ein viereckiger Kasten, ist heute ein hübsches Museum, und gerade noch offen! Ich bewundere Prithvi Narayan, den vielverehrten, vielgerühmten Eroberer, Einiger und Begründer Nepals in zahlreichen Ölbildern. Vom kleinen, unbedeutenden Fürsten in Gorkha wurde er zum Herrscher über ein Großnepal. Aus der Provinz nach Kathmandu !
Abends sitze ich im Restaurant meines Hotels; es ist klein aber nett. Der Kellner bringt zwar (prinzipiell?) sowohl den Leuten am Nachbartisch als auch mir etwas anderes als bestellt , aber es schmeckt.
Abends im Bett lese ich nochmals über Prithvi Narayans Feldzug, seine draufgängerische, listenreiche, aber auch brutale Eroberung und den weltberühmt gewordenen tapferen Gurkha Soldaten. Einen Hauch der glorreichen Vergangenheit Gorkhas wähne ich heute hoch oben auf dem Burgberg gespürt zu haben und das Gorkha Bier hat abends besonders gut geschmeckt!

Vormonsunzeit

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Die täglichen heftigen Nachmittagsgewitter kommen zu früh. Anfang Mai darf es ein bisschen regnen, aber fast jeden Tag öffnet der Himmel seine Schleusen und es prasselt nur so herab. Wir schütteln die Köpfe und murmeln: “Klimawandel”. Für die Ziegelarbeiter ist dies das vorzeitige Ende der Ziegelsaison.
Auf dem Heimweg von meiner Schule mache ich einen Umweg und wandere über das Fabriksgelände. Auf den lehmigen Terrassen steht das Wasser. Tausende ungebrannte Ziegel zerbröckeln. Die Arbeit einer ganzen Woche war umsonst.
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Noch qualmen die Schlote der Ziegelöfen – es wird gebrannt, was irgend möglich ist. Weißer, manchmal schwarzer, Rauch wird noch tagelang aufsteigen.
Ich sehe, wie die Familien Vorbereitungen treffen, ihre Arbeit hier zu beenden und wegzugehen. Menschen waschen sich in dem kleinen Bach, der durchs Gelände fließt. Er ist durch die Regenfälle ziemlich angeschwollen, aber das Wasser kommt mir sauberer vor als sonst. Zwei Buben tollen herum – sie spritzen einander an und rangeln. Frauen waschen große Wäschestücke und breiten diese auf der Wiese zum Trocknen aus. Ein alter Lastwagen, vollgepackt mit dem bisschen Hausrat und Kind und Kegel, rattert an mir vorbei. Die Ziegelarbeiter packen also ihre paar Habseligkeiten zusammen und verlassen das Gelände. Die meisten von ihnen kehren in ihre Dörfer zurück, wo die Feldarbeit ohnehin bereits auf sie wartet. Einige werden versuchen, im Großraum Kathmandu bis zum Beginn der nächsten Ziegelsaison – das ist im kommenden Dezember- Arbeit zu finden.
Der Regen ist für die Landwirtschaft natürlich ein Segen. Die Bauern, die ihre Terrassen an die Ziegelfabrik vermietet haben, bringen jetzt auf dem lehmigen Boden wieder gute Erde an. Die Lehmterrassen verwandeln sich in Reisfelder.
Ich staune: was bis vor ein paar Tagen ödes, braunes Land war, grünt bereits. Wenn ich in der Früh um 6 Uhr aus meinem Fenster schaue, sehe ich, wie auf den vielen kleinen Feldern ringsum fleißig gegraben und gehackt wird. Es werden Furchen gezogen, es wird gesät und gepflanzt.
Sämtliche bisher brachliegenden “Gstettn” sind auf einmal ordentliche Felder. Leider wird aber auch das dürre Unkraut überall verbrannt, was die ohnehin schlechte Luft noch zusätzlich belastet.
Der Regenschirm wird jetzt wichtig. Ich bin bereits bei meinem zweiten, – sein Vorgänger liegt vergessen auf einem Marktstand in LaganKhel.

Die Nepalesen – Versuch einer sehr persönlich gefärbten Beschreibung

 

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Die Nepalesen gibt es nicht. Beziehungsweise gibt es sie doch, als politisches Konstrukt : alle Menschen mit nepalesischer Staatsbürgerschaft sind natürlich Nepalesen.

Sie sehen alle sehr verschieden aus: da sitzt im Mikrobus neben mir eine Frau mit ausgeprägten mongolischen Gesichtszügen; daneben ein dunkelhäutiger, südindisch aussehender älterer Mann, mit dem Topi, dem universellen rosa-grau gemusterten Topfhut auf dem Kopf. Da steigt ein Mann ein, der, was Hautfarbe und Gesichtszüge betrifft, als Österreicher durchgehen könnte. Da stürmen Schulkinder den Bus und alle sehen trotz ihrer gleichen Schuluniformen anders aus: Körperbau, Hautfarbe, Gesicht könnten unterschiedlicher nicht sein.
Im Laufe der Jahrhunderte sind viele Ethnien aus China und Indien, den beiden großen Nachbarn, geflüchtet und in die entlegensten Bergregionen Nepals eingewandert: Die indo-arischen hinduistischen Bahuns und Chhetri, die tibeto-birmanischen, buddhistischen Tamang, Gurung, Magar und Limbu, die bekannteste und kleinste Volksgruppe der Sherpa, die Lopa in Mustang, deren Chörten und Manimauern, deren stolze Frauen in ihren Wickelkleidern, quergestreiften Schürzen und schweren Halsketten ich in Kagbeni bewundert habe, und nicht zu vergessen die Tharu in Chitwan und im Terai und natürlich die Newar des Kathmandu Tales, die schon immer hier waren.

Und was haben sie alle gemeinsam? Sicher nicht die Sprache und sicher nicht ihre Kultur, ihre sehr verschiedenen Sitten und Gebräuche!
Gemeinsam ist ihnen z.B. die Freundlichkeit und Offenheit, mit der sie Fremden begegnen. Es ist leicht, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, und es genügt schon ein herzliches “Namaste” meinerseits, um ein solches zu beginnen. Ich habe auch keine Scheu mit Bäuerinnen, Mönchen, Polizisten, Händlern, Schulkindern oder Busfahrern zu plaudern. Sie sind – mit seltenen Ausnahmen- nie aufdringlich, sondern zwar interessiert aber immer respektvoll.
Alle wackeln sie mit dem Kopf als Zeichen der Zustimmung, was für mich immer noch verwirrend ist: yes or no ?, frage ich dann verzweifelt. Ich lerne: Kopfwackeln heißt hier: “Aber ja!! Gewiss doch, sicher!”
Alle – Männer, Frauen, Kinder – spucken auf die Straße, sogar aus dem Fenster. Sie schneuzen sich ohne Taschentuch, essen liebend gern mit den Fingern oder mit dem Löffel, wenn`s schon sein muss und benützen natürlich ausschließlich die rechte Hand,- die linke ist ja tabu.
Viele tragen warme Jacken, Westen und gleichzeitig nur Flipflops ohne Socken. Sie haben die lustigsten Kopfbedeckungen: witzige Wollmützen, Hand-/Tücher kunstvoll herumgewickelt, schräge Kappen.
Sie putzen mit Begeisterung und Ausdauer rund um die Uhr ihre Zähne – öffentlich, am Brunnen. Sie tippen sich ehrfürchtig an die Stirn, wenn sie an bestimmten Tempeln und Schreinen vorbeikommen. Sie werfen achtlos und ungeniert Müll auf die Straße, aber sie putzen und kehren mit den typischen kleinen Naturbesen von früh bis spät vor der eigenen Haustür: ein ständiger -erfolgloser- Kampf gegen den schrecklichen Staub und Dreck.
Sie lieben und schleppen ihre Kleinkinder. Sie wollen, wie alle Eltern weltweit, dass es ihren Kindern einmal besser gehen soll als ihnen. Sie haben noch das alte Kastensystem in ihren Köpfen und diskriminieren die Dalits, die Karmas -die untersten Kasten.
Die Männer: sie gehen Händchen haltend, sich umarmend, eingehängt. Ein Volk der Schwulen? Sicher nicht. Sie spielen Schach, Karten, eine Art Tischfußball/Billard. Sie stehen herum und schauen den Frauen beim Arbeiten zu. Sie rackern sich ab, schleppen unheimliche Lasten und sind sehr fleißig. Sie tanzen gerne -allein und in Gruppen.
Die Frauen: sind in ihren prächtigen Saris, ihren farblich genau abgestimmten Kurtas (bestehend aus einer bauschigen Hose, einem meist langärmeligen Hemd und einem Schal) wunderschön anzuschauen. Sie lieben Schmuck und tragen goldene Nasenringe (zugegeben nur mehr die älteren Frauen!), prächtige Ohrringe und billigen Modeschmuck: Armreifen, Halsketten, Fußketterln. Ausnahmslos alle lackieren ihre Finger-und Fußnägel; sie alle haben langes, dichtes, schwarzes Haar, oft zu kunstvollen Zöpfen geflochten.
Die Frau auf dem Land trägt die Hauptlast der Arbeit- sie schleppen schwere Körbe, arbeiten auf dem Feld und im Haus, kochen und versorgen die Kinder.
Vor allem die hinduistische Frau wird für das Wohlergehen ihres Mannes verantwortlich gemacht und fastet und betet und opfert für ihn.
Die Jugendlichen: wo und in welche Familie, in welche ökonomische Situation du hineingeboren wirst – es ist die Lotterie, ein Glücksspiel.
Entweder arbeitest du als 14-Jährige 7 Tage die Woche von frühmorgens bis es finster wird als Ziegelträgerin – angeheuert in deinem Dorf von einer Schlepperin, die dir die Großstadt und einen tollen Verdienst in Aussicht gestellt hat,- oder du gehst von 6 a.m. -10a.m. in die Schule, um dann als Kellner, Busschaffner, Putzfrau den ganzen Tag zu schuften, oder du darfst eine Privatschule besuchen und bist wohlbehütet……die Lebenslinien sind hier sehr krass.
Städtische Jugendliche tragen Jeans, Miniröcke, haben einen coolen Haarschnitt, färben sich die Haare. Die arbeitende Jugend will, aber kann da nicht mithalten.
Die Kinder: sind eben Kinder: lieb, laut, lustig, lästig, still, brav, schlimm, trotzig………Die berüchtigten Straßenkinder Kathmandus und Pokharas habe ich nur vereinzelt erlebt, aber es gibt sie. Sie sind die Opfer der sozialen Missstände, der katastrophalen, korrupten Politik. 139718042230216322222336122401219526242788DSC01874

Männer und Frauen erscheinen mir allgemein sehr geduldig: es wird nicht gemurrt und gemeckert, eher gescherzt und gerne und viel gelacht. Ich glaube, es dauert lange, bis sie sich ärgern und es brauchte (und braucht) viel Leidensdruck, bis dieses Volk sich aufgelehnt hat (und auflehnen wird). Ein fatalistisches Schulterzucken -“ke garne! was kann man schon machen!” – lähmt so manche Bemühung zu einer Verbesserung der Lebensumstände.

Ich bin bereits mehr als 3 Monate in Nepal, habe ausschließlich Kontakt mit Einheimischen und manchmal das Gefühl, sie gut und gleichzeitig gar nicht zu kennen. Aber ich fühle mich herzlich aufgenommen und sehr wohl hier.

Roter Machhendranath, lass es bitte regnen!

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Es ist Samstagmorgen 6 Uhr. Ich blicke aus meinem Fenster. Auf den umliegenden kleinen Feldern arbeiten Frauen und Männer: sie hacken die rötlich-braune Erde auf, breiten mit bloßen Händen Kuhmist aus, ziehen Furchen, jäten.
Es ist Vormonsunzeit. Zeit, die bisher brachliegenden Felder vorzubereiten. Was hier angebaut wird, weiß ich noch nicht. Auf den steilen Terrassenfeldern in der Umgebung wird das Getreide ja bereits geerntet.
Es ist auch Zeit für das Regenmacherfest: Machhendranath Raath Jaatra, das fröhliche Volksfest für Buddhisten und Hinduisten gleichermaßen.
Zu Mittag packe ich meinen Regenschirm ein und mache mich auf den Weg nach Patan; mal schauen, ob das Gefährt des Regenmachers bereits unterwegs ist. Mein Reisehandbuch spricht von einem 4 Wochen dauernden Festumzug und erzählt die zugrundeliegende Legende.
Demnach haben die Einwohner des Kathmandu Tales Gorakhnath, den Lieblingsheiligen der Shah-Könige, so verärgert, dass er alle Schlangen einsammelte – worauf eine entsetzliche Dürre ausbrach. Aber der “Rote Machhendranath” , ehemaliger Lehrer und Guru von Gorakhnath, kam ihnen zu Hilfe, und jener musste alle Schlangen wieder freilassen. Dann hat`s geregnet und die Ernte war gerettet.
Zum Dank ziehen die Einwohner jährlich einen Holzwagen mit der Statue des Regengottes durch die Straßen. Dieser Karren aber hat es in sich: ein gut 20 m hoher Aufbau aus Stangen sorgt dafür, dass der Prozessionswagen gefährlich wackelt und schaukelt.
Ich komme gerade zurecht, als zwei Männer hoch oben die “Rutschbahnen” für den Gott,- Metallbänder, die auch von den meisten Tempeldächern herabhängen,- befestigen. Der Platz ist gefüllt mit kleinen Buben und ich wundere mich.
Mit Tschinderassa -wumm- wumm kommt eine Musikkapelle heranmarschiert: die Musikanten tragen Sony-T-Shirts und rote Baseballkappen. Einige junge Burschen beginnen zu der etwas enervierenden aber sehr rhythmischen Musik zu tanzen.
Die Buben johlen: ein Priester erscheint mit der Heiligenfigur und setzt sie in den Wagen – es beginnt zu tröpfeln.
Immer mehr Buben drängen herbei und mir dämmert, dass sie es sind, die den schweren Wagen ziehen werden! Hunderte Bubenhände fassen die beiden dicken Seile und unter dem Kommando eines auf der Drachen/ Schlangen?- ähnlichen Deichsel sitzenden Burschen geht`s los: die riesigen Holzräder beginnen sich zu drehen, der Wagen mit seinem Stangenbaum ruckelt und ächzt – aber er fährt! Etwa 10 Meter. Es regnet stärker – ich hole meinen Knirps heraus.
Wirklich aufregend wird es an der Ecke. Wird es der Wagen schaffen, ohne die Hausmauern zu beschädigen und Fenster einzuhauen? Wild gestikulierende Männer – ein jeder weiß schließlich, wie es am gescheitesten wäre – erteilen dem Kommandeur Ratschläge. Der dirigiert die ziehende Knabenschar souverän um die Ecke. Geschafft! Nur ein paar Oberleitungen abgerissen, aber das wird noch ein paar mal passieren ( und stört offenbar niemanden ).
Der Regen hat aufgehört, die Reise geht Richtung Durbar Square weiter. Ich schwimme im Strom der wachsenden Menschenmenge mit, die den Wagen begleitet . Inzwischen sind auch Polizisten erschienen, die so wie wir alle gemütlich dem Gefährt folgen.
Einmal gelingt es mir, mich nach vorne durchzuwursteln: ich fotografiere und filme fleißig.
Da – ein Wasserguss! Nein, kein Platzregen, sondern ein Kübel Wasser aus dem Fenster eines Hauses.
Gut gemeint für die schwitzenden Buben! Mich hat es auch erwischt, aber – never mind, ist ja nur Wasser. Auf einmal sitzt links vor mir auf ihrem Thron die kleine Kumari, die lebende jungfräuliche Göttin. Kathmandu hat eine, Bhaktapur hat eine und Patan auch. Das kleine Mädchen blickt- wie es sich gehört- ernst drein, empfängt die Opfergaben der Gläubigen, und – man darf sie fotografieren!
Meine Begegnung mit der Kumari von Kathmandu vor ein paar Wochen war weniger erfreulich: zuerst habe ich eine halbe Stunde im Hof unter ihrem Fenster gewartet, dann hat sie sich 2 Minuten lang halb abgewandt gezeigt und man durfte sie sowieso nicht fotografieren.
Als der Prozessionswagen schließlich unter lautem Jubel umdreht und zurück fährt, ich schon viele Fotos und Videos geschossen habe, verlasse ich das Volksfest. Der “Rato Machhendranath” muss bis zum nächsten Samstag warten; dann wird er weitergezogen.
Durch Patans Altstadt bummle ich zu meiner Bushaltestelle. Es donnert und schwere Regentropfen fallen herab. “Rato Machhendranath” lässt es regnen.

Ein Platz für Buddhas Waisenkinder – Boudha

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Auf der alten Handelsroute nach Tibet liegt der imposante Stupa von Boudha. Hier erflehten die Reisenden himmlischen Segen für die bevorstehende gefährliche Überquerung der Bergpässe, oder dankten für ihre glückliche Ankunft im Kathmandu Tal.
Was sich für Händler und Pilger durch Jahrhunderte bewährt hat, soll auch für mich recht sein: im Uhrzeigersinn den Stupa umrundend treibe ich immer wieder ein paar Gebetsmühlen an; alle zu drehen wäre eine sportliche Herausforderung !
Der kreisrunde Platz erinnert mich an italienische Piazzas – nur dass in der Mitte der mächtige tibetische Stupa thront. Ringsum sind viele kleine Geschäfte mit allem, was fromme buddhistische Pilger, aber auch Touristen so gerne hätten. Restaurants mit Dachterrassen laden zum Verweilen ein.
Ich überlege gerade, welches Lokal mir am besten gefällt, da nimmt mir ein älterer freundlicher Herr, Ram Kumar Khatri, die Entscheidung aus der Hand : ob ich ihm denn bitte in jenem Cafe` – er würde gratis ein Glas heißes Wasser bekommen! – ein kurzes Interview gewähren könnte. Aber ja, ich habe Zeit. Der Blick auf den Stupa von oben ist phantastisch, das Gespräch mit Mr.Ram sehr unterhaltend, mein Tee Marsala köstlich.
Er verabschiedet sich bald, -zufrieden mit dem Erlös von 200 ru für eines seiner Hefte Jahrgang 2012 (und trotzdem voll aktuell!!!). Ich aber bleibe noch und lese die tibetische und die newarische Legende über die Entstehung des Stupas.
Nun wird es aber Zeit, endlich den kryptischen Titel meines heutigen Blogs zu erklären:
1959, 1960 flohen Tausende Tibeter nach Indien und Nepal. Boudha, immer schon tibetisches Pilgerziel, wurde zum Hauptanziehungspunkt für Nepals Exiltibeter. Viele haben sich auch hier ständig niedergelassen, eröffneten Geschäfte und kamen sogar zu einigem Wohlstand.
Ich staune über die zahlreichen neugebauten buddhistisch-tibetischen Klöster. Da kämpft ein Volk um seine Religion, um seine kulturelle Identität, die es im eigenen Land – es gilt ein von China diktiertes generelles Religionsverbot in Tibet- nicht leben darf.
Hinter dem Hauptplatz, in einer kleinen Seitengasse, kehre ich in einem winzigen tibetischen Gasthaus ein. Hier sind keine Touristen mehr zu finden. Das Bild des Dalai Lama hängt an der Wand ( in Tibet total verboten!), der Wirt gibt seiner ca.4-jährigen Tochter die Speisekarte in die Hand. Die Kleine knallt diese auf meinen Tisch ! Peinlich?, nein, ich lache und alle stimmen herzlich ein. Die vegetarischen Momos sind interessant geformt, der Gingertee ist sehr scharf.
Trotz andauernden Donnergrollens mache ich mich auf den Weg zum Kopan Kloster. Es liegt malerisch hoch oben über der Stadt mit zwar dunstigem aber doch schönem Rundumblick. Die Mönche sind freundlich, wir scherzen und lachen. Am Rückweg verirre ich mich im Gassengewirr etwas, erfrage jedoch -wozu habe ich monatelang Nepali gelernt!- schließlich den richtigen Weg.
Die Gewitter, denn es blitzt und donnert von allen Seiten, brechen Gott sei Dank erst am Abend los, als ich schon gemütlich im Kreise meiner nepalesischen Familie bei Daal Bhaat sitze.
Das traurige Schicksal der Tibeter – sie sind seit der chinesischen Ansiedelungspolitik bereits eine Minderheit im eigenen Land !- wird mich noch tagelang beschäftigen.

1. Mai in Nepal ….ein Tag der Arbeit

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Heute wird hier gearbeitet: die Maurer, die Bauern, die kleinen Händler, die Ziegel-Teppich-etc.-fabriksarbeiter, die Busfahrer, die Handwerker, die Straßenhändler, die Müllsammler, — sie alle werken, schaufeln, schleppen und mühen sich ab.
Die Ämter, die Büros, die Museen, sämtliche Behörden, alle Stellen wo Beamte tätig sind, und nicht zuletzt alle öffentliche ( und auch viele private ) Schulen ruhen heute und begehen den “Tag der Arbeit”.
Ich lese im Internet von Demonstrationen der Gewerkschaften in Berlin; Tränengaseinsätzen gegen Demonstranten in Istambul, von friedlichen Maiaufmärschen in Europa.
Ich lese auch in den “Kantipur News”, dass Premierminister Koirala in einer Rede zum 1.Mai den Arbeitern “Vertretung in allen Gremien” zugesichert hat, “give us a year`s time” !!!
Seit 6 Jahren hat die Regierung keine Verfassung zustande gebracht.
Als die Republik Ende Mai 2008 nach Beendigung eines 10-jährigen Bürgerkrieges, nach Abschaffung der hinduistischen Monarchie, ausgerufen wurde, erhofften sich die Bürger endlich gesetzlich geordnete Verhältnisse. 17000 Tote, Tausende IDP = Internal Displaced People= das sind die Elenden, die heute u.a. entlang des entsetzlich stinkenden Bagmati-Flusses in menschenunwürdigen Hütten hausen müssen, weil ihre Dörfer niedergebrannt wurden (sowohl von den Maoisten als auch von der Armee!) waren genug. Schwere soziale Missstände sind aber immer noch vorzufinden.
Doch die politischen Parteien können sich nicht einigen. Viele Politiker sind leider nur an eigenem Geld und eigener Macht und nicht an der Zukunft Nepals interessiert.
Ich erlebe die Nepalesen als ein geduldiges, friedfertiges Volk. Doch alles hat seine Grenzen.

So! Eigentlich wollte ich von meinem schulfreien, erfreulichen 1. Mai erzählen; von meinem sehr vergnüglichen Ausflug nach Boudha, wo der mächtige, buddhistische Stupa steht, inmitten eines wunderschönen kreisrunden -fast italienisch anmutenden!- Platzes. Aber der alte Mann, der sich als Journalist ausgegeben hat (und es auch wirklich war!), mich in einem Cafe` letztendlich zum Kauf( 15 Cent) eines seiner veralteten Hefte überzeugen konnte, hat mir zu denken gegeben. Sein Leben – denn auch ich habe ihn ausgefragt- wäre ein Blog für sich.
Und über meinen Tag in Boudha – ein andermal !

Sanivar – der Samstagsonntag

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Sanivar = Samstag, ist gleichbedeutend mit unserem Sonntag. Ämter, Büros, Schulen und auch viele Geschäfte sind geschlossen. Die Arbeitswoche beginnt wieder mit Aitavar, dem Sonntag.
Frühmorgens sieht man Hindi Frauen mit kleinen Opfergaben – etwas Reis, Blumen, vielleicht sogar ein hartgekochtes Ei – zu den Bildstöckeln, den Lingams, und Tempeln eilen. Man läutet die Glocke, damit die Götter aufmerksam werden ( und die Nachbarn !), Gebete werden gemurmelt oder aber auch laut gesungen.
Sanivar ist ein geruhsamer Tag für die wenigen, denen es finanziell schon etwas besser geht. Die Mehrheit der Bevölkerung aber schuftet auch am Feiertag auf den Feldern, in den Fabriken, auf der Straße, ihre kleinen Verkaufsstände auf Fahrrädern herumschiebend.
Ich beschließe, nach Kirtipur, etwa 5 km außerhalb von Katmandu, zu fahren. Die Busfahrten allein sind schon ein Erlebnis für sich: da wird nicht nur in dem kleinen Mikrobus an Passagieren hineingestopft was kaum geht, da sitze ich auch neben Frauen, deren Saris gold-und silbern glitzern, neben halbnackten Sadhus, neben Familien, die eine lebende quakende Ente mit sich herumführen; -das Tier wird im Tempel in Dakshinkali den Göttern geopfert, nachher ge-schlachtet, gebraten und vor Ort -Picknick!- verspeist.
Kirtipur liegt auf einem langen Bergrücken, von dem aus man einen theoretisch herrlichen Rundblick auf das Katmandu Tal hat. Theoretisch deshalb, weil der Smog dicht über der Stadt hängt.
Kirtipur hat eine bewegte Geschichte hinter sich: die ehemalige stolze “Stadt des Ruhms” , im 12. Jh. entstanden, ergab sich nach 6- monatiger Belagerung 1767 dem Eroberer Prithvi Narayan Shah, dem aus Ghorka stammenden späteren Einiger und Begründer eines nepalesischen Großreiches.

Es ist ein Newarstädtchen: viele Häuser haben wunderschön geschnitzte Fenster und Türen, die Straßen sind ordentlich gepflastert; es gibt Brunnen, Tempel und an allen Ecken Sattals, überdeckte Loggien mit kunstvoll geschnitzten Säulchen. Hier sitzen alte Männer und spielen Schach.
Hätte ich meinen Reiseführer aufmerksamer gelesen, so hätte ich nicht vergeblich nach einem Mikrobus zur Oberstadt gefragt. Es gibt nämlich keinen, das mittelalterliche Kirtipur ist autofrei -eine kluge Entscheidung ! Steile Gässchen mit vielen Stufen führen mich zum höchsten Punkt der Stadt. Ich komme an einem “Damenkränzchen” vorbei : die Frauen sitzen auf den Stufen vor einem Haus und wollen von mir fotografiert werden. Beim Betrachten der Fotos wird gekichert und gescherzt, sieht man doch ein bisschen Dekolletee einer Frau. Ich unterhalte mich gerne mit ihnen, und eine Verschnaufpause tut auch gut.
Oben steht ein hinduistischer kleiner Tempel, mit interessanten -erotischen!- Schnitzereien. Dazu die treffende Bemerkung im Reiseführer: das sind ” angeblich keine sexuellen Verrenkungen im Stile des Kamasutra…sondern regionale Tantra-und Fruchtbarkeitstraditionen..” Wie auch immer, solche Darstellungen finden sich übrigens bei fast allen hinduistischen Tempeln . Sexualkunde für ein sonst sehr prüdes Volk ?
Obwohl eine Gewitterfront aufzieht, gönne ich mir im Beisel daneben Momos, was sonst. Von der Dachterrasse aus beobachte ich, wie die Hausfrauen der umliegenden Häuser schnell die Wäsche abnehmen, bevor es zu regnen beginnt.
Aber ich nehme trotz drohenden Regens einen anderen Weg bergab. Zum Glück! Vor mir auf einmal eine große Tempelanlage, Überraschung! Ein Mann stürzt sich förmlich auf mich ( es beginnt schon zu tröpfeln!), um mir im Schnelldurchgang den “Bag Bhairab Mandir” zu zeigen. Soll sein, er spricht auch verständliches Englisch und ich bin höchstwahrscheinlich heute seine einzige touristische Einnahmequelle.
Im Inneren des Tempels befindet sich ein 2000 Jahre alter Löwe aus purem Gold, mit diamantenen Augen, erzählt er. Leider dürfen ihn Touristen wie ich nur durch ein winziges Guckloch betrachten ( man sieht so gut wie nichts). Er rattert auch noch die dazu passende Legende herunter- warum der Löwe keine Zunge hat. Zuhause lese ich im Reiseführer nach: die tönerne- okay, zungenlose – Löwenfigur hat einen versilberten Kopf; diese Silbermaske wird alle 20-30 Jahre erneuert. Mir gefällt die Geschichte vom goldenen Löwen besser!!
Mein selbsternannter Fremdenführer zeigt mir aber noch andere wirklich interessante Statuen, etwa die gebärende Erdgöttin Dhartimata, die in einem Winkel des Hofes -gewusst wo- zu sehen ist. Nachdem wir auch noch geklärt haben, dass ich aus Austria -“Australia hoina! No!” -stamme, will er unbedingt eine Flasche österreichischen Weines von mir! Spannend, was wir Völker voneinander wissen!
Nun regnet es bereits stärker. Rasch noch das Trinkgeld und nein, keine e-mails werden mehr ausgetauscht. Unter den vorspringenden Dächern Schutz suchend, eile ich zur Bushaltestelle. Da hat es auch schon wieder aufgehört zu regnen.
Mein Samstagsonntag geht trocken zu Ende. Von nun an werde ich aber vorsorglich -so wie viele Frauen- den Knirps mitnehmen: gut gegen die pralle Mittagssonne und das nachmittägliche Gewitter.

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Just an ordinary day

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Mein heutiger ganz gewöhnlicher Tag in Taukhel beginnt schon einmal herrlich ! Bishnu, unsere fesche, liebe Haushälterin, bringt mir wie immer eine große Tasse ciya aufs Zimmer. Köstlich süßer, heißer Kräutertee.
Vom Bett aus sehe ich weit über die Hügel des Katmandu Tales; wieder ein sonniger, wenn-gleich dunstiger Tag.
Wird mir Dal-Bhaat zum Frühstück daheim in Österreich eigentlich fehlen? Man gewöhnt sich so rasch an gute Dinge!
Auf dem Schulweg fällt mir auf, dass das Getreide schon hoch steht und gelb wird, dass der Bananenbaum an der Straße Bananen trägt! und dass viele Obstbäume blühen. Es fällt mir auf, dass zwei neue Häuser gebaut werden und dass die Straße, während ich auf Urlaub war, ausgebessert worden ist.
In der Schule werde ich von den Lehrern und meinen ehemaligen Schülern sehr herzlich empfangen.
Alle wollen wissen, wie es mir geht und was ich in den Ferien gemacht habe.
Meine neuen Schüler -wieder unterrichte ich die 7. und 9. Schulstufe- muss ich mir erst ein bisserl “herrichten” : sie nehmen es mit dem Stundenbeginn nicht so genau und sind auch gewöhnt, oft keinen Lehrer zu haben, d.h. sie beschäftigen sich selbst – schreiben, lesen, tratschen. Aber das wird schon! In der 7.Klassse lachen wir alle einmal so herzlich ( über mich), dass ich kurz hinausgehen muss, um mich von dem Lachanfall wieder zu beruhigen.
Nach dem Unterricht beschließe ich, ein 2.mal den Swayambhunath Stupa in Katmandu zu besuchen. Beim 1.mal hat mein alter Fotoapparat plötzlich gestreikt.
Im Mikrobus steigt ein Sadhu ein – ich habe geglaubt, die gehen nur zu Fuß?
Es fällt mir auf, dass heute relativ weniger Verkehr ist als üblich (aber immer noch genug!) und die Erklärung dafür kann ich prompt sehen: riesige Schlangen von vor den Tankstellen gedul-dig !! wartenden Motorrädern. Manche Tankstellen sind geschlossen und mit Stacheldrahtrollen abgesperrt. Zuerst gab`s eine deftige Benzinpreiserhöhung und jetzt Diesel-und Benzin-knappheit im Katmandu-Tal.
Es ist ein ganz gewöhnlicher Tag, außer dass: ich im nächsten Bus mit einer Ziege fahre :eine junge Frau steigt mit einer großen, schwarzen Ziege, die sie am Strick führt, ein;
außer dass : meine Fotobatterie leer ist, ich das eigentlich gewusst habe und also weder die Ziege im Bus noch Swayambhunath fotografieren kann;
außer dass : mir in Swayambhunath ein frecher Affe meine dritte Banane -zum Glück habe ich die anderen zwei gerade gegessen – aus der Hand reißt;
außer dass : ich zwei runzelige, alte Tibeterinnen fasziniert verfolge. Die beiden rüstigen Damen umrunden mehrmals die Stupas, treiben laut betend energisch die Gebetsmühlen an. (leider werfen sie sich dabei nicht auf den Boden, wie in meinem Reiseführer geschildert)
außer dass : mir ein Sadhu ein Tika = rotes Mal auf der Stirne – verpasst und dafür 200 ru will;
außer dass : ich ein Glückskind bin!! Platsch ! klatscht eine große Affenscheiße knapp neben mir zu Boden! Will gar nicht ausdenken, was gewesen wäre, wenn ……
außer dass : ich sehr zufrieden und glücklich spät nachmittags nachhause komme.

Swayambhunath wird noch länger stehen, und ich werde eben das nächste mal die alles
sehenden Augen Buddhas, den Handleser, den blinden Harmoniumspieler, die Gebetsmühlen und die bunten Waren der Souvenirhändler fotografieren.
That was just an ordinary day of my life in Nepal – oder?

PS: Die Fotos stammen von meinem dritten Besuch.